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Einstieg in die japanische Teegeschichte

Meine große Leidenschaft gilt der Tee-Keramik. Sie ist so vielfältig und abwechslungsreich, dass ich sie gerne einem breiten Publikum zugänglich machen möchte. Habe ich erwähnt, dass ich darüber meine Magisterarbeit geschrieben habe? Weil ich mich zwangsläufig mit der Teegeschichte auseinandergesetzt habe, dachte ich mir, dass ein paar Anekdoten daraus vielleicht den einen oder anderen interessieren könnten. Somit komme ich zu meinem ersten Thema: Ein kleiner Einstieg in die japanische Teegeschichte.

Der Einfluss Chinas

Frühesten Überlieferungen zufolge geht man davon aus, dass bereits zur Nara-Zeit (710-784) Tee in Japan getrunken wurde. In dieser Zeit gab es eine allgemeine Begeisterung für die chinesische Kultur und so wurde die Sitte des Tee-Trinkens übernommen, nachdem vermutlich zwei buddhistische Mönche Tee-Setzlinge von ihren China-Reisen mitbrachten. Als der japanische Kaiser Saga von dem Mönch Eichû Tee zubereitet bekam, befahl er den Tee in den fünf Zentralprovinzen Japans anzubauen.

Der Tee am kaiserlichen Hof

In der Heian-Zeit (794-900) wurde das Tee-Trinken zur Mode am Hof. Tee galt, wie in China als Erfrischungsgetränk, Heiltrank, wurde aber auch für rituelle Zwecke verwendet. Allerdings unterschied sich die Trinkweise: Es wurden aromatische Zusätze hinzugegeben, weil man die Bitterkeit nicht mochte. Dazu wurden Süßigkeiten verspeist und Musik gehört, entsprechend dem feinem ästhetischen Ideal der Aristokratie.

 

Tee gerät allmählich in Vergessenheit

Im Jahre 845 kam es zum Abbruch der kulturellen Beziehungen zu China. Folglich schwand die Vorliebe für Chinas Kultur und somit auch das Interesse am Tee. Allerdings wurde Tee auch in den folgenden Jahrhunderten als Medizin und bei buddhistischen Zeremonien am Kaiserhof verwendet und deswegen im Palastbereich und einigen anderen Orten zu heilkundlichen Zwecken angebaut. Auf diese Weise blieb der Tee zwar in Japan, aber die einstige Trinkkultur ging wieder verloren.

 

Ziegeltee hat Ähnlichkeit zu Pu Erh

Doch was war das für ein Tee, den man damals trank? In China wurden Zugaben von Lu Yu (733-804), dem chinesischen Tee-Patronen, nicht gebilligt, obwohl er den bitteren Geschmack als wesentliches Merkmal des Tee-Geschmacks hervorhob und den Tee mit einer Prise Salz würzte. Tee wurde damals noch zu Blöcken verarbeitet, indem die gedämpften Blätter zusammengepresst wurden. Von diesen Blöcken brach man ein Stück ab, pulverisierte es in einem Mörser und kochte es dann mit weiteren Zugaben. Das Getränk glich mehr einer Brühe. Was man häufig unerwähnt lässt: Der gepresste Tee-Block enthielt einen Pilz, der ihn reifen ließ, somit ist der dancha 団茶 mit dem Pu Erh verwandt, auch wenn er schon längst nicht mehr in Japan konsumiert wird.

Jede Trinkkultur bringt eigene Utensilien hervor

Schon in China gab es verschiedene Ansichten, welche Utensilien für die förmliche Tee-Zubereitung die passendsten seien. Für Lu Yu waren die bläulich-grünen Seladone (Yue) die passendsten, weil sie den bräunlichen Tee durch die Eigenfarbe der Glasur grün wirken ließen. Dies zeigt, dass schon sehr früh in der chinesischen Teegeschichte auf ästhetische Prinzipien geachtet wurde. Wie ist das eigentlich heute? Durch die große Vielfalt verschiedener Teesorten gehört die natürliche Farbe des Tees für viele Menschen zu einem Kriterium mittels dessen man Tees miteinander vergleichen kann. Zu Zeiten Lu Yus gab es vermutlich keine große Auswahl, weswegen Lu Yu der Farbe einer Idealvorstellung entsprechend etwas nachgeholfen hat. Trotzdem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es auch schon damals Porzellan-ähnliche Teeschalen gab, die in einer anderen Region für den Tee bevorzugt wurden. Das bedeutet, dass nicht alle Lu Yus Meinung teilten.

Wir haben zum Glück die freie Wahl. Es gibt eine große Vielfalt an Tee-Utensilien, die durch die Globalisierung immer leichter zu beschaffen sind. Ob Porzellan oder Keramik, weiß oder farbig – es war schon immer eine Geschmacksfrage. Das galt auch für die Matcha-Schalen aus China, die nach Japan importiert wurden, als man dort die Sitte im 11. Jahrhundert übernahm. Aber das ist ein anderes Kapitel.